Initiative Berliner Zeitungsviertel
An der Kreuzberger Kochstraße stehen sich die Axel Springer AG und die tageszeitung (taz) im traditionsreichen Zeitungsviertel gegenüber: Im Kaiserreich ließen die Zeitungszaren Leopold Ullstein, Rudolf Mosse und August Scherl hier erstmals in Deutschland Blätter für ein Massenpublikum drucken. Diese Verlagsimperien und an die hundert Redaktionen, größere und kleinere Druckereien und grafische Betriebe bildeten den Kern der Zeitungsstadt Berlin. Sie sorgten für Betrieb rund um die Uhr in den Straßenzügen an der südlichen Friedrichstraße zwischen der Leipziger Straße und dem heutigem Mehringplatz.
Die glanzvolle Geschichte jedoch, die Spannung von Kontinuität und Brüchen, ist heute vor Ort kaum erfahrbar und droht in Vergessenheit zu geraten. Deshalb möchte die Initiative „Berliner Zeitungsviertel “ die Erinnerung an das Pressequartier stärken.
Wie wichtig dies ist, zeigt die Diskussion um die Umbenennung der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße, mit der sich die Initiative unversehens konfrontiert sah. Diese Diskussion wird weitgehend ohne die historische Dimension geführt. Schließlich stand und steht „Kochstraße“ als Synonym für das größte Zeitungs- und Verlagsviertel Europas, bedeutender als Londons Fleet Street. Die Kochstraße war die Achse jener Quadratmeile, in der das politische und wirtschaftliche Leben sowie die öffentliche Meinung im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und im Dritten Reich bestimmt wurden. Sie verband zwischen Wilhelmstraße und Ritterstraße Regierungsviertel, Zeitungsviertel und Exportviertel.
In der überparteilichen Initiative „Berliner Zeitungsviertel “ haben sich Publizisten, Journalisten und Medienwissenschaftler, Museumsdirektoren sowie Verbands- und Verlagsvertreter zusammengeschlossen.
Die Initiative hat ein Faltblatt herausgegeben, das unter anderem im KreuzbergMuseum, im Museum für Kommunikation und an verschiedenen Stellen im Zeitungsviertel erhältlich ist.
Derzeit werden von der Initiative Konzepte erarbeitet für eine klassische museale Ausstellung, aber auch für eine Multimedia-Ausstellung im öffentlichen Stadtraum. Auf einer soliden historischen Basis werden dabei auch Gegenwartsbezüge hergestellt und Zukunftsprojektionen für die Medienstadt Berlin entwickelt.
Ein erster Schritt zur digitalen Präsentation des Zeitungsviertels ist die Entwicklung eines Internetauftritts. Neben den Zielen und Aktivitäten der Initiative ermöglicht ein virtueller Rundgang ein tiefes Eindringen in die Geschichte des Zeitungsviertels und der dort agierenden Medien und Menschen. Dabei werden die heutigen Fassaden aus Stahl und Beton, Aluminium und Glas, Marmor und Granit des neuen Berliner Medienquartiers zum Erzählen gebracht.